Mehrjahresplan zum Fischereimanagement in der Ostsee erreicht letzte Verhandlungsrunde
Die letzte Verhandlungsrunde über einen Mehrjahresplan für Fischbestände in der Ostsee hat begonnen und es steht viel auf dem Spiel.
Hauptakteure sind die Vertreter des Rates der Europäischen Union, des Europäischen Parlaments und der Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei der EU-Kommission. Rat und Parlament müssen mithilfe der Kommission als Vermittler einen Kompromiss aushandeln – im EU-Jargon spricht man von Trilog-Verhandlungen.
Mehrjahrespläne sollen die Anzahl der von kurzfristigen Interessen geleiteten Entscheidungen minimieren und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit nachhaltiger Fischereipraktiken maximieren. 2013 hatten Rat und Parliament eine ehrgeizige Reform der europäischen Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) beschlossen. Diese enthält die verbindliche Zusage, die Überfischung zu beenden und die Fischbestände wiederaufzubauen – einfache Politikanforderungen für eine gesunde Meeresumwelt, profitable Fischereien und lebensfähige Küstengemeinschaften.
Im Rahmen der aktuellen Verhandlungen über einen Mehrjahresplan für die Ostsee hat das Europäische Parlament am 28. April einer Ergänzung des Vorschlags der Europäischen Kommission mit großer Mehrheit zugestimmt. Der Ansatz des Parlaments entspricht den Anforderungen der GFP. Hingegen hatte sich der Fischereirat, bestehend aus den Ministern der 28 EU-Mitgliedsstaaten, kurz zuvor auf eine sogenannte partielle allgemeine Ausrichtung geeinigt , die im Widerspruch zur GFP steht und die Überfischung der Ostsee auf Jahre hinaus verlängern könnte.
Die Rolle der Europäischen Kommission besteht hauptsächlich darin, die Diskussionen beratend und vermittelnd zu begleiten und das Ergebnis der Verhandlungen zu billigen. Bevor der Vertrag von Lissabon vor etwas mehr als sechs Jahren in Kraft trat, war der Rat der EU für die Festlegung von Fischereivorschriften allein verantwortlich. Heute teilt er diese Befugnis mit dem EU-Parlament, dessen 751 direkt gewählte Mitglieder die meisten Fischereiangelegenheiten mitbestimmen. Diese Dynamik führt häufig dazu, dass der Rat versucht, das Parlament zu größeren Kompromissen zu zwingen.
2013 hat das Parlament in den Verhandlungen über die ehrgeizige GFP-Reform eine führende Rolle gespielt. Jetzt kann es erneut Führungsstärke beweisen, indem es in den Verhandlungen um den Mehrjahresplan für die Ostsee an den Grundfesten der GFP festhält.
In der Regel stehen dem Rat der EU – dessen turnusmäßig wechselnden Vorsitz aktuell Lettland innehat – größere Ressourcen und mehr Fachwissen als dem Parlament zur Verfügung, da der Rat sich auf die für Fischerei zuständigen Ministerien der 28 Mitgliedsstaaten stützen kann, während das Parlament nur über wenige Fischereiberater und -angestellte verfügt. In den Verhandlungen vertritt der polnische Abgeordnete Jarosław Wałęsa das Parlament.
Wałęsa hat das starke Mandat des Parlaments, welches mehr als 500 Millionen EU-Bürger vertritt. Viele dieser Bürger haben das Parlament dazu aufgefordert, 2013 die ehrgeizige GFP-Reform zu unterstützen und dieses Jahr einen tragfähigen Mehrjahresplan für die Ostsee zu verabschieden. In den laufenden Verhandlungen benötigt Wałęsa ständigen Rückhalt, um den Rat dazu bewegen zu können, einem Plan zuzustimmen, der im Einklang mit der GFP steht und ermöglicht, die Überfischung zu beenden und die stark dezimierten Bestände wiederaufzubauen.
Der Mehrjahresplan für die Ostsee ist der erste seiner Art unter der reformierten GFP. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass dieser Plan die Ziele der GFP reflektiert und die zu ihrer Durchsetzung notwendigen Werkzeuge bereitstellt. Als Hüter der Verträge muss die Kommission dafür sorgen, dass sich der verhandelte Plan vollständig mit der GFP deckt. Wir werden die Verhandlungen genau verfolgen und Wałęsa darin unterstützen, an der Position des Parlaments festzuhalten.
Uta Bellion leitet das Europäische Meeresprogramm von The Pew Charitable Trusts.