Die Fischereiminister der Europäischen Union und Regierungsvertreter anderer Atlantik-Anrainerstaaten wollen sich in diesem Herbst treffen und für das kommende Jahr Fanggrenzen für Bestände im Atlantischen Ozean und in der Nordsee festlegen.
Im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU waren die Mitgliedsstaaten an die gesetzliche Vorgabe gebunden, die Überfischung „möglichst bis 2015“ und „bis spätestens 2020“ zu beenden. Dessen ungeachtet werden zahlreiche Arten im Nordostatlantik – darunter mehrere Kabeljaubestände – immer noch überfischt.
Aber die Entscheidungsträger haben nach wie vor die Möglichkeit und die Verantwortung, das Steuer herumzureißen, Quoten zu verabschieden, die die Überfischung beenden – damit alle von den Vorzügen einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft profitieren.
Folgende zehn Gründe verdeutlichen, warum es so wichtig ist, dass Fischereiminister in und außerhalb der EU bei der Beendigung der Überfischung mit gutem Beispiel vorangehen:
Zu viele bewertete Bestände in EU-Gewässern oder der näheren Umgebung überschreiten noch immer sichere biologische Grenzen. Würde die Überfischung beendet, könnten sich diese Bestände endlich wieder auffüllen und wachsen.
Gesunde Fischbestände tragen zu stabileren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei und verringern den Zeitaufwand und Treibstoffverbrauch beim Fischen. Arbeiten Fischereien rentabler, müssen weniger Subventionen in diesen Sektor fließen, was die Steuerzahler entlastet. Wie eine Studie von 2016 zeigt, könnten allein durch die Beendigung der Überfischung im Nordostatlantik potenziell zusätzliche Umsätze von jährlich 4,6 Milliarden Euro für die Fischereiflotte1 der EU geschaffen und mehr Arbeitsplätze in der Fischwirtschaft unterstützt werden.
Abgesehen von der Entnahme von Fischen kann der Fischfang eine Belastung für die Meeresumwelt darstellen. Zu den häufigsten Beeinträchtigungen gehören die Beschädigung von Meeresböden und Korallen, unbeabsichtigte Fänge von Tieren wie Seevögeln oder Schildkröten sowie Verschmutzung. Sind Fischbestände gesund, muss weniger intensiv gefischt werden, was den Schaden begrenzt.
Viele europäische Länder sind stark von Fisch-Importen abhängig, um die Marktnachfrage zu decken.2 Dies hat auch Auswirkungen auf Entwicklungsländer, in denen Fisch für große Teile der Bevölkerung eine wesentliche Quelle für tierisches Eiweiß ist.
Der Ozean ist vielen Stressoren ausgesetzt, von sich verändernden Wassertemperaturen bis hin zu Verschmutzung und Versauerung. Sinnvoll bewirtschaftete Fischbestände sind ein Schlüsselfaktor für dauerhaft widerstandsfähige Meeresökosysteme und stellen eine Investition in die Zukunft dar, weil sie den Ozean dabei unterstützen können, dieser Art von Stressoren standzuhalten.
Das Management von Fischereien, die ein hohes Risiko des Zusammenbruchs bergen, ist kompliziert, risikobehaftet und schwierig. Detaillierte, aktuelle Informationen sind dafür ein Muss. Gesunde Fischereien hingegen reagieren weniger empfindlich auf Veränderungen, Unsicherheiten oder fehlerhafte Daten, was die Bewirtschaftung einfacher gestaltet.
Im Jahr 2013 haben EU-Entscheidungsträger eine Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik beschlossen, die eine Beendigung der Überfischung aller Fischbestände möglichst bis 2015 und spätestens bis 2020 vorsieht. Indem es ihnen nicht gelungen ist, der Überfischung gemäß dieser gesetzlichen Vorgabe und Frist Einhalt zu gebieten, haben europäische Institutionen die Erholung von Fischbeständen und Meeresökosystemen hinausgezögert.
Ein Festsetzen von Fanggrenzen im Rahmen der wissenschaftlich empfohlenen Werte würde das Fischereimanagement rationaler und vorhersehbarer machen. Die Diskussionen könnten sich darauf konzentrieren, die sozioökonomischen Vorteile gesunder Fischereien zu maximieren.
Andere Länder wie die USA, Australien oder Neuseeland haben große Fortschritte auf dem Weg zur Beendigung der Überfischung gemacht und profitieren davon. Auch in der EU gibt es Beispiele (wie das des Seehechts in nordeuropäischen Gewässern),3 die zeigen, dass es möglich ist, der Überfischung ein Ende zu setzen, und die die möglichen Vorteile verdeutlichen.
Viele Probleme der heutigen Zeit, wie beispielsweise der Klimawandel, stellen gewaltige Herausforderungen dar. Die Beendigung der Überfischung hängt jedoch größtenteils davon ab, dass Fischereiminister bessere Entscheidungen treffen – in der EU und in anderen Ländern. Politischer Wille ist gefordert, um die Reformen des Managements umzusetzen und Fanggrenzen im Einklang mit wissenschaftlichen Empfehlungen festzulegen.
Zu viele bewertete Bestände in EU-Gewässern verbleiben außerhalb sicherer biologischer Grenzen. Würde die Überfischung beendet, könnten sich diese Bestände endlich wieder auffüllen und wachsen.
Andrew Clayton leitet die Bemühungen der Stiftung „The Pew Charitable Trusts“, die Überfischung in Nordwesteuropa zu beenden.