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Die Fischereiminister der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) kommen am 10. und 11. Oktober zusammen, um eine Entscheidung über die Ostsee-Fischfanggrenzen für 2017 zu treffen – die erste Tranche für nächstes Jahr, die vom Rat geprüft muss. Mehr denn je wird diese Entscheidung auf die Probe stellen, ob die Minister bereit sind, die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) umzusetzen und dem Ziel, der Überfischung ein Ende zu setzen, näherzukommen.
Ihre Entscheidungen werden außerdem ein Signal senden, inwieweit die Minister den Vertrag von Lissabon und die Rolle des Europäischen Parlaments, der gewählten Vertreter der EU-Bürger, bei ihrer Entscheidung darüber, wie EU-Recht umgesetzt wird, beachten. Im März haben sich der Rat und das Parlament auf einen Mehrjahresplan für Ostsee-Bestände geeinigt, der die Vorschriften für die Festlegung der Fischereifanggrenzen verschärft – trotz einiger Kompromisse und Schlupflöcher. Die Mehrjahrespläne sollen Entscheidungsfindung auf Grundlage kurzsichtiger Interessen verringern und nachhaltige, produktivere Fischereien fördern.
Das Treffen des Ministerrates in diesem Monat ist deswegen ein entscheidender Moment im Rahmen der reformierten GFP, die Anfang 2014 in Kraft getreten ist. Es handelt sich hier um die ersten jährlichen Fischfanggrenzen, die im Rahmen eines Mehrjahresplans festgelegt werden, der von Rat und Parlament vereinbart wurde.
Wird dies die Entscheidungsfindung in der Zukunft vereinfachen? Pew und unsere Partner hoffen darauf, aber es gibt besorgniserregende Anzeichen, dass einige Minister versuchen werden, auf höhere Fangmengen zu drängen als der Plan vorsieht.
Ein Fischbestand – Kabeljau in der westlichen Ostsee – ist nach wie vor nach Jahren der Überfischung in einem schlechten Zustand. Wissenschaftler haben erneut zu einer erheblichen Reduzierung der Fangmenge geraten, diesmal von fast 90 % der aktuellen Quote geraten. Aber die Minister haben sich in der Vergangenheit oft nicht willens gezeigt, solche Einschnitte vorzunehmen, trotz der wissenschaftlichen Nachweise, die die langfristigen Gefahren für die betreffenden Bestände und für die Existenzgrundlagen der Fischer, die auf diese Bestände angewiesen sind, aufzeigen. Gemäß der GFP müssen die Minister wissenschaftlichen Rat beachten, und der in diesem Jahr angenommene Mehrjahresplan für die Ostsee lässt keinen Raum für die Überfischung dieser Bestände.
Eine Missachtung der gesetzlichen Anforderungen für die Ostsee würde vom Europäischen Parlament als starke Provokation verstanden werden, während gleichzeitig Verhandlungen über Mehrjahrespläne für andere Regionen, beginnend mit der Nordsee, aufgenommen werden. Parlamentsabgeordnete einschließlich Jaroslaw Walesa, die den Ostseemehrjahresplan durch das Gesetzgebungsverfahren gebracht und das endgültige Gesetz mit den Ministern ausgehandelt haben, sprechen bereits jetzt von möglichen rechtlichen Maßnahmen, falls dieser Fall eintreten sollte.
Fischereiminister treffen diese kritischen Entscheidungen hinter geschlossenen Türen im Rat, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein aktueller Bericht von Transparency International, einer Nichtregierungsorganisation, die sich auf die Rechenschaftspflichten von Regierungen konzentriert, hebt hervor, dass die Minister weiterhin „Fischereigrenzen im Dunkeln festlegen“ und dabei oft wissenschaftlichen Rat ignorieren und die Grenzen zu hoch setzen. Solange der Vorgang nicht transparenter gestaltet wird, können die neuen Mehrjahrespläne und die kontinuierliche Überprüfung der festgelegten Fanggrenzen durch Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEPs) dazu beitragen, diese Probleme zu überwinden.
Das Treffen des Rates ist eine Bewährungsprobe für die Minister – nicht nur für Länder, die Flotten in der Ostsee haben, sondern auch für alle EU-Mitgliedsstaaten, die sich verpflichtet haben, die GFP umzusetzen. Die MEPs, die die neue GFP und den neueren Ostseeplan verhandelt haben, erwarten vom Rat, EU-Recht einzuhalten und die gesetzlichen Vorschriften vollständig umzusetzen.
Andrew Clayton leitet die Bemühungen des The Pew Charitable Trusts, die Überfischung in Nordwesteuropa zu beenden.