Hamburg - Anlässlich des morgigen Weltozeantages weist OCEAN2012, ein Zusammenschluss von 70 europäischen Verbänden, auf die Mitverantwortung der Bundesregierung für den dramatischen Niedergang der Fischbestände in EU-Gewässern hin. Nach Jahren voller schlechter Nachrichten versucht selbst die Politik kaum noch, die Lage schön zu reden. Heute steht fest: Nach Analyse der EU-Kommission werden "88 % der Gemeinschaftsbestände über den höchstmöglichen Dauerertrag hinaus befischt". 30 % dieser Bestände können sich möglicherweise nicht mehr erholen, sie befinden sich "außerhalb sicherer biologischer Grenzen".
OCEAN2012 fordert deshalb eine radikale Reform der EU-Fischereipolitik hin zu einem vorsorgenden und ökosystemaren Ansatz. Zwischen dem 5. und 13. Juni veranstaltet das Bündnis erstmalig eine „Europäische Fisch-Woche“, mit dem Ziel, die Öffentlichkeit über das Ausmaß der Überfischung der Meere zu informieren und die ökologische Neuausrichtung der EU-Fischereipolitik einzufordern. Dazu finden in ganz Europa Veranstaltungen und Aktionen statt.
Die EU-Fischerei-Kommissarin Maria Damanaki wird im Rahmen einer Petition aufgefordert, „ökologische Nachhaltigkeit als übergreifendes Prinzip der zukünftigen Gemeinsamen Fischereipolitik festzuschreiben, um so das Ziel einer langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit zu erreichen.“
Auch das für Fischerei zuständige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) vertritt in seiner kürzlich veröffentlichten Position, dass die ökologische Nachhaltigkeit eine Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche und soziale Zukunft der Fischerei ist.
Noch vor der für 2012 geplanten Reform der EU-Fischereipolitik hat die Bundesregierung Gelegenheit, die Ernsthaftigkeit ihrer ökologischen Neupositionierung unter Beweis zu stellen. EU-Fischerei-Kommissarin Damanaki hat jüngst angekündigt, die EU-Fangquoten von 2011 bis 2015 in vier Schritten auf ein nachhaltiges Niveau senken zu wollen. Für OCEAN2012 ist dies eine Minimalformel, die die Kommissarin dennoch nicht ohne gewichtige Mitgliedstaaten wie Deutschland wird durchsetzen können. „Die Bundesregierung muss deshalb aktiv handeln, damit die EU-Kommissarin das Ruder beim alljährlichen Brüsseler Quotenpoker wenigstens um dieses Stück herumreißen kann“, betont Zidowitz.
Unabhängig davon drängt die Zeit für eine grundsätzliche Kurskorrektur. Wissenschaftlichen Studien zufolge würde eine Fortführung der gegenwärtigen Fischereipraxis dazu führen, dass die kommerzielle Fischerei bereits 2050 weltweit kollabiert. Die EU diskutiert aktuell eine umfassende Revision ihrer gemeinsamen Fischereipolitik. Auftakt hierzu war 2009 das so genannte „Grünbuch“ der EU-Kommission, das die bisherige Fischereipolitik der EU als nicht zukunftsfähig qualifiziert. Bis 2012 will man sich in Brüssel auf eine Neuausrichtung einigen. Schon jetzt stoßen Forderungen nach geringeren Fangmengen, einer Minderung der Beifänge und Rückwürfe sowie nach einer insgesamt schonenderen Fischerei auf erbitterten Widerstand der Fischereilobby. Doch auch die Zivilgesellschaft erhebt ihre Stimme.
In nur einem Jahr hat sich OCEAN2012 zu einer breiten europäischen Allianz entwickelt. „Die Zahl der OCEAN2012-Mitglieder ist in den vergangenen Monaten schnell gewachsen. Sie steht für das Bedürfnis der Menschen in ganz Europa, ihre Entscheidungsträger von der Dringlichkeit zu überzeugen, die Überfischung zu beenden.“, so Uta Bellion, die Leiterin der Kampagne in Brüssel. Mit seiner Petition will OCEAN2012 zum einen den Druck für eine umfassende Revision erhöhen und zum anderen mehr Menschen veranlassen, sich persönlich für eine nachhaltige Fischerei in der EU zu engagieren.
OCEAN2012 ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die im Rahmen der Reform der europäischen Fischereipolitik Überfischung und destruktive Fischfangmethoden beenden und eine angemessene und gerechte Nutzung der Fischbestände durchsetzen wollen.
OCEAN2012 setzt sich für eine Gemeinsame Fischerei-Politik ein, die:
In Deutschland gehören der OCEAN2012-Kampagne DEEPWAVE e. V., die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e. V. (GSM), der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), Pro Wildlife e. V. und Reef Check e. V. an.
OCEAN2012 Koordinatorin Deutschland: Heike Zidowitz, Tel. 0176/ 61016367, heike.zidowitz@ocean2012.eu