In der Geschäftswelt gilt das Sprichwort: „Was man nicht messen kann, kann man nicht managen.“
Jahr für Jahr beginnt die Europäische Kommission den Prozess der Festlegung der Fanggrenzen für das darauffolgende Jahr daher mit der Veröffentlichung ihrer Konsultation zu den Fangmöglichkeiten, die eine Bewertung des Zustands der Fischbestände in der EU und ihrer voraussichtlichen Widerstandsfähigkeit gegenüber der anhaltenden Befischung enthält. Am 2. Juni hat die Kommission ihre jüngste Mitteilung für 2016 veröffentlicht und hierzu eine öffentliche Konsultation initiiert.
Die Mitteilung legt erneut das Ziel der Kommission dar, die reformierte Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) vollständig umzusetzen, was konkrete Verpflichtungen zur Beendigung der Überfischung wo immer möglich bis 2015, spätestens jedoch bis 2020 umfasst.
Die Mitteilung weist darauf hin, dass fast die Hälfte (48 %) der Bestände im Nordostatlantik und angrenzenden Gewässern nach wie vor als überfischt gelten. Hier muss der Fangdruck reduziert werden, damit die Bestände eine Chance haben, das von der GFP anvisierte Biomasse-Niveau zu erreichen.
Wie will die Kommission dies erreichen? In der Mitteilung heißt es, dass die Kommission Fanggrenzen für 2016 im Einklang mit dem höchstmöglichen Dauerertrag oder MSY (Maximum Sustainable Yield) für alle Bestände vorschlägt, für die eine entsprechende Empfehlung vorliegt. Dies wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer Beendigung der Überfischung in der EU.
Die Kommission erklärt, dass sie nur in jenen Fällen zu Kompromissen bereit sein wird, in denen die wissenschaftlich empfohlenen Fanggrenzen eine erhebliche Verringerung der Fangmengen verursachen und die Nachhaltigkeit der betroffenen Flotten ernsthaft gefährden würden. Die Mitteilung macht jedoch deutlich, dass selbst in diesen Fällen eine schrittweise Reduzierung des Grades der Befischung auf das Niveau, welches den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht, erfolgen muss. Das ist zu begrüßen.
Leider enthält das Schreiben keinerlei Informationen zu Bestandsgrößen im Vergleich zum MSY Niveau. Diese dienen als wichtiger Gradmesser für den Gesundheitszustand von Fischbeständen und könnten mögliche Fortschritte bei der Erholung der Bestände – eines der Hauptziele der GFP – erkennbar machen. Auch fehlen Informationen dazu, wie die Kommission beabsichtigt, das angestrebte Ziel einer Wiederherstellung der Biomasse oberhalb des MSY-Niveaus im Falle jener 25 Bestände zu erreichen, die einer Vereinbarung unterliegen, die die Kommission 2013 mit den 28 Fischereiministern geschlossen hat, und die eine Festschreibung der bestehenden Fangmöglichkeiten vorsieht.
Im Dezember 2014 haben die Fischereiminister Fanggrenzen beschlossen, die die wissenschaftlich empfohlenen Mengen in vielen Fällen erheblich überschritten. Mit Veröffentlichung der vorliegenden Mitteilung für 2016 hat sich die Kommission selbst die schwierige Aufgabe gestellt, die Minister dazu zu bewegen, in den für Oktober und Dezember anberaumten Ratssitzungen nachhaltigen Fanggrenzen zuzustimmen, die im Einklang mit den Zielen der GFP stehen.
Die Mitteilung der Kommission markiert nur den Beginn des Prozesses der Festlegung von Fanggrenzen für 2016. In den kommenden Monaten wird die Kommission Fanggrenzen für die einzelnen Bestände vorschlagen. Die Mitgliedsstaaten werden diese prüfen, bevor die Minister im Rat zusammenkommen, um die Grenzen endgültig festzulegen. Dieser Vorgang ist wesentlicher Bestandteil der GFP und wird deutlich zeigen, ob die Minister wirklich vorhaben, die Überfischung in der EU unverzüglich zu beenden.
Die Kommission hat die Verantwortung und die Chance, die Minister zu dieser Entscheidung zu bewegen. Die Veröffentlichung der Mitteilung in dieser Woche bedeutet gleichzeitig den Start der öffentlichen Konsultation zu diesem Thema. Der Öffentlichkeit bietet sich hier eine hervorragende Gelegenheit, die EU-Kommission daran zu erinnern, warum es so wichtig ist, die Überfischung zu beenden – und warum es unerlässlich ist, zu messen um zu managen.
Uta Bellion leitet das Europäische Meeresprogramm der Pew Charitable Trusts.